Wenn das Herz bricht, aber man trotzdem glücklich ist.
Ich hoffe ihr verzeiht mir diesen sehr emotionalen Beitrag – ich schreibe ihn, weil es mich sehr bewegt hat. Ich möchte niemanden traurig machen nur zeigen, dass auch ein unvermeidbarer Abschied schön sein kann.
Wir haben gestern meine Schwiegermutter verabschiedet. In Dankbarkeit für die Zeit die wir miteinander hatten, die Stärke, die ich erleben durfte und den Zusammenhalt – der mir bewiesen hat, dass ich mich vor überhaupt nichts mehr fürchten muss.
Der Abschied kam nicht überraschend, aber trotzdem viel zu früh. Wie das so ist bei einem wunderbaren Menschen, den man so gerne noch viel, viel länger um sich gehabt hätte.
Ich hatte so eine Angst – weil ich bisher noch nicht mit dem Tod eines Menschen konfrontiert war, der mir so sehr nahe stand.
Ich dachte, ich hätte noch etwas mehr Zeit für den Abschied, ich hatte geplant, am vergangenen Sonntag zu meiner Schwiegermutter zu fahren, da ich am Samstag den Nähworkshop hatte. Aber Freitag Abend rief mich Herr erbsünde an und meinte es sei besser, ich käme gleich.
Ich hatte so eine Angst davor sie zu sehen und vor ihr zu weinen weil ich wusste, dass ich nicht stark sein konnte. Und es war so schön sie im Arm zu halten, mit ihr zu reden, sie zu streicheln und zu küssen und ihr ohne viele Worte zu zeigen, wie wichtig sie mir ist. Und ich durfte bei ihr weinen. Ihre Kinder haben mir Zeit mir ihr alleine gegeben, haben mich bei ihr sitzen lassen und als ich nach Hause gefahren bin, hat sie mir noch einen Kuss für das erbsündchen mitgegeben.
Als dann am Samstag Abend der Anruf kam, dass sie eingeschlafen ist wusste ich, jetzt ist alles gut. Sie hat ihren Frieden gefunden. Und trotzdem hat es unser Herz gebrochen.
Und trotz der großen Trauer kann ich rückblickend nur sagen, dass die Tage so schön waren – denn die Liebe, die ihr entgegen gebracht wurde, war überwältigend. Alle ihre Kinder (Herr erbsünde ist der älteste von vieren) waren zum Zeitpunkt des Abschieds bei ihr. Auch ihre beste Freundin, die rechtzeitig aus Brasilien eintraf, um bei ihr zu sein. Sie war nicht allein. Ihre Kinder haben sie gehalten als sie ging und waren auch in der darauffolgenden Nacht bei ihr.
Dieses Wissen nimmt mir die Angst vor allem.
Ich hatte bisher so große Angst vor dem Tod, der Kälte, dem Alleinsein. Aber ich habe erfahren, dass es so nicht sein muss. Dass eine Familie auch in so einer dunklen Stunde zusammenhält, dass sie füreinander da und alle beieinander sind, bis der eine gehen muss – niemand muss alleine sein.
Gestern war die Trauerfeier und es waren die Familie und die engsten Freunde da. Und wieder hatte ich vorher so eine Angst – aber die Trauerfeier war einfach nur wunderschön und wir haben uns alle noch einmal verabschieden können. Mit Musik und Gedichten die sie geliebt hat, die Kinder haben den Sargdeckel bunt bemalt… es war so ungezwungen und man dachte eigentlich, dass sie nur schläft. Die Brasilianer gehen damit so wunderbar um, sie verabschieden sich, als ob jemand auf eine lange Reise geht.
Herr erbsünde hat noch einen Kaffee mit ihr getrunken, mit ihr geredet … Ich habe meinen Mann vorher schon unendlich geliebt – jetzt bete ich ihn an.
Sie hat wunderschöne Sargbeigaben bekommen, alles, was ihr wichtig war, z.B. ein Trikot ihres Lieblingsfußballvereins in Brasilien und – worüber ich mich unendlich gefreut habe – Herr erbsündes Schwestern haben die kleine Eulentasche mit hineingelegt, die ich einmal für sie genäht hatte und in der sie im Krankenhaus immer die wichtigsten Sachen mit sich herumtrug.
Das erbsündchen war zwar nicht bei der Trauerfeier dabei, hat ihr aber ein Herz für die Reise gemalt – das ist das einzige Bild, das diesen Post begleiten wird.