Das erbsündchen und der Wutanfall.
Das erbsündchen ist eigentlich ein sehr, sehr umgänglicher Mensch.
Ich bin sehr dankbar dafür, denn ich kenne das von ihren Schwestern ganz anders, da waren Wutanfälle ab dem Alter von 3 Jahren an der Tagesordnung … mehrfach täglich. Weil angeblich ein Pulloverärmel länger war, als der andere, weil sie im tiefsten Winter mit Rock und Sandalen rausgehen wollten … manchmal auch einfach nur „weil“.
Das erbsündchen dagegen hat etwa ein bis zwei Wutanfälle im Jahr. Ich hoffe es werden nicht mehr, denn den ersten haben wir dieses Jahr schon hinter uns. Weil sie nicht schlafen gehen wollte. In völliger Rage schrie sie die Wut aus ihrem kleinen, fünfjährigen Bauch heraus. Lange. Sehr lange. Bis sie irgendwann – atemtechnisch – in der Lage war, zu sprechen.
„Ich habe die schlimmste Familie der Welt!!!“, schrie sie.
„Nun ja, da gehörst du dazu …“
„Nein, das ist nicht richtig! Ich bin hier falsch! Total falsch!!!“, brüllte sie weiter.
„Bist du nicht, Schnäuzelchen, du bist hier goldrichtig.“
„Ich will aber nicht schlafen, das funktioniert so nicht! Ich brauche eine neue Familie!!!“
„Okay, willst du direkt losgehen und suchen, oder erst morgen?“, erkundigte ich mich.
Nachdenkliche Stille.
„Morgen. Jetzt ist es schon dunkel“, entschied sie.
„Okay gut.“
„Schau mal“, meinte sie dann und hielt mir die Puppe, die sie kürzlich von der Nachbarstochter geerbt hat, unter die Nase. Die Puppe hat ein Hängeauge das sich nicht mehr öffnet und heisst manchmal Lisa, manchmal Lena und manchmal Laura.
„Es ist spät. Lisa hat schon ein Auge zu.“